ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis) ist eine komplexe, chronische neuroimmunologische Erkrankung, die zu einem schweren Grad der körperlichen Behinderung führen kann, so dass über 70% der Betroffenen nicht in der Lage sind
zu arbeiten oder die Schule zu besuchen.
Obwohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ME/CFS seit 1969 als neurologische Erkrankung anerkannt hat, kennen sie die wenigsten Ärzte, was dazu führt, dass Betroffene viele Jahre auf die Diagnose warten.
Das Leitsymptom der Erkrankung ist PEM (Post-Exertional Malaise), die Zustandsverschlechterung, die 12-72 Stunden nach kleinsten Anstrengungen eintritt.
Je nach Schwere der Erkrankung kann es zu einer Verschlimmerung des Zustandes schon nach dem Zähneputzen oder Aufsitzen im Bett kommen.
Die Symptome werden stärker oder es treten neue Symptome auf, die im besten Fall nur für wenige Tage anhalten oder im schlimmsten Fall bleibt es bei diesem schlechteren Zustand.
Alleine in Südtirol leben zwischen 2.000-4.500 Betroffene, wovon über 90% ohne bzw. mit falscher Diagnose und ohne Behandlung leben.
Aber auch mit Diagnose wird man als Betroffener oft stigmatisiert und nur die wenigsten erhalten medizinische Hilfe.
So individuell wie wir alle sind, so unterschiedlich können auch die Symptome bei ME/CFS sein. PEM (post exertional malaise) ist das Leitsymptom und für die Diagnose entscheidend. Viele Erkrankte haben zusätzlich mit Begleiterkrankungen wie POTS, MCAS und vielen weiteren zu kämpfen, wodurch die Liste der möglichen Symptome noch stärker wächst.
Immer wieder können Medikamente helfen, zumindest einige Beschwerden etwas zu lindern und es gibt viele Hilfsmittel, wie beispielsweise geräuschunterdrückende Kopfhörer, die Dir den Alltag erleichtern können. Leider gibt es
aber bisher noch keinen medikamentösen Ansatz, der bei jedem Fall Erfolg verspricht.
Im Folgenden präsentieren wir einige der häufigsten Beschwerden, die bei dieser Krankheit auftreten können.
- Leitsymptom PEM (= Zustandsverschlechterung nach
Überanstrengung) - Herz-Kreislauf-Störungen
- Tachykardie (Herzrasen)
- Schwindel – Bewusstseinsverluste
- schwere Schlafstörungen
- grippeartige Erschöpfung
- starke Schmerzen (Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen …)
- neurokognitive Symptome
- Magen-Darm-Beschwerden
- Schlafstörungen
Grundsätzlich gibt es vier Schweregrade bei ME/CFS, der Bell Score kann ebenfalls hilfreich sein, um die Auswirkungen der Krankheit in einer Skala einzuordnen. Wir möchten hier erwähnen, dass die Bezeichnung “mild betroffen” manchmal irreführend sein kann, da bereits mild Erkrankte im Vergleich mit gesunden Gleichaltrigen eine Einschränkung des Aktivitätsniveaus von 50% oder mehr spüren.
Viele Betroffene können nicht mehr arbeiten gehen und auch das Sozialleben wird stark eingeschränkt.
Im Austausch mit Betroffenen wird Dir vielleicht auffallen, dass sich die noch möglichen Aktivitäten im Alltag teilweise deutlich unterscheiden. Für manche ist ein gut geplanter Besuch eines Cafés noch machbar, andere schaffen es aufgrund ihrer Symptome jedoch nicht, obwohl sie gleich stark von ME/CFS betroffen sein können. Lesen, Musik hören, Serien schauen oder Mandala malen sind nur ein paar “einfache” Möglichkeiten, dem eigenen Alltag ein bisschen zu entkommen, aber je nach Symptomen und Schweregrad können auch diese Dinge schwer bis unmöglich werden.
Pacing gehört zum Leben mit ME/CFS dazu und kann Dir dabei helfen, Deine körperlichen Grenzen nicht ständig zu überschreiten, da es sonst zu einer dauerhaften Zustandsverschlechterung kommen könnte.
- Mild – das Aktivitätsniveau ist über 50% gemindert gegenüber gesunden Gleichaltrigen
- Moderat – überwiegend ans Haus gebunden
- Schwer – überwiegend ans Bett gebunden und zum großteil pflegebedürftig
- Schwerst – komplett bettlägerig und immer pflegebedürftig. Die meisten sind auf eine Sonde angewiesen.
Wer bisher noch nie mit der Krankheit ME/CFS in Berührung gekommen ist, kann sich schwer vorstellen, wie sehr der Alltag von den vielfältigen Symptomen geprägt und eingeschränkt wird. Zuvor gesunde, aktive und oft junge Menschen sind plötzlich kaum mehr fähig alltägliche Aufgaben zu bewältigen.
Wenn Du den Verdacht hast, dass Du oder jemand aus Deinem Bekanntenkreis betroffen sein könnte, bekommst Du beispielsweise mit den kanadischen Kriterien einen guten Überblick, welche Kriterien u.a. für die klinische Diagnose
entscheidend sind.
Im Folgenden möchten wir gerne eine dieser typischen Situationen beschreiben und hoffen, dass wir so auch allen weiterhelfen können, die befürchten von der Krankheit betroffen zu sein.
Als einfaches und gleichzeitig erschreckendes Beispiel kann die persönliche Körperpflege genannt werden. Als gesunder Mensch fällt Dir meist gar nicht auf, dass Tätigkeiten wie Duschen oder Zähneputzen Energie kosten. Für Betroffene können, je nach Schweregrad der Erkrankung, diese Dinge zu kaum bewältigbaren Herausforderungen werden.
Fühlst Du Dich nach dem Duschen erschöpft, brauchst erstmal eine Pause, spürst Du Übelkeit oder ein Schwindelgefühl? Kannst Du nach dem Haare waschen kaum die Augen offen halten und schläfst einfach ein vor Erschöpfung?
Dann solltest Du unbedingt einmal mit Deinem Arzt sprechen.
Die Liste der Beispiele für die vielfältigen Einschränkungen könnte noch lange weitergeführt werden. Die Symptome unterscheiden sich in ihrer Ausprägung, wodurch es in den möglichen Aktivitäten auch deutliche Unterschiede zwischen Patient:innen gibt. Nicht alle können noch lesen und dadurch dem eigenen Alltag ein bisschen entfliehen, weil Brainfog und kognitive Probleme im Allgemeinen es verhindern. Wer es nicht erlebt hat, kann sich kaum vorstellen, dass so etwas möglich ist, aber leider ist es für viele Menschen die bittere Realität.
In unserer Selbsthilfegruppe kannst Du Dich in einem sicheren Raum mit anderen austauschen, die Deine Situation kennen und verstehen. Wir tauschen Tipps aus und halten uns gegenseitig auf dem Laufenden, wenn sich etwas in der Forschung tut oder ein anderer Lichtblick erscheint. Zudem können wir Dir helfen, Dich optimal auf Arzttermine vorzubereiten und Dir relevante Studien und Artikel empfehlen.
Hier gehts zu den Kanadischen Kriterien
Dokumentarfilm über ME/CFS
Unrest
Unrest erzählt die Geschichte von Jennifer und ihrem Ehemann Omar, die gemeinsam die alltäglichen Herausforderungen eines Lebens mit einer Krankheit meistern, die kaum ein Arzt kennt. Auf ihrer Suche nach Antworten begibt sich Jennifer auf eine virtuelle Reise um die Welt, auf der sie anderen ME/CFS-Patienten und ihren Angehörigen begegnet, die ihr Mut machen, den Kampf mit und gegen die Krankheit aufzunehmen .